Aktuelle Produkt-Entwicklungen und Praxisberichte
Die IBH Ingenieurbüro Herzbruch GmbH ist als Spezialist für die Vermessung und Planung für Gleisbau, Ingenieurbau und Straßenbau Teil der SITECH-Gruppe. Die IBH feiert dieses Jahr ihr 30jähriges Jubiläum, anlässlich dessen wir ein Interview mit Gründer und Geschäftsführer Frank Herzbruch führen.
Hallo Herr Herzbruch, schön, dass Sie sich für das Gespräch Zeit nehmen. Sie haben das Ingenieurbüro 1994 gegründet. War der Bau von Bahnstrecken und die Instandsetzung von Gleisanlagen von Beginn an ein Schwerpunkt des Ingenieurbüros und wie kam es dazu?
Ja, die Vermessung und Planung von Gleisanlagen war von Anfang an ein Hauptgeschäftsbereich unserer Arbeit. Erste Berührungspunkte mit dem Bahnstreckenbau hatte ich während meines Studiums zum Vermessungsingenieur. Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich einen Teilabschnitt einer Straßenbahnstrecke der Dortmunder Stadtwerke vermessen, das war 1986. Nach dem Studium begann ich dann bei einem Dortmunder Vermessungsbüro und mein erster Job war ein Vermessungsauftrag für die Dortmunder Straßenbahn. Später wechselte ich zum Bauunternehmen Wittfeld in Wallenhorst (heute Eiffage Infra-Nordwest, d. Red.) in die Abteilung Vermessung von Bahnstrecken. Dort kam mir die Idee für die Selbständigkeit und Vermessungs- und Planungsleistungen für den Bahnstreckenbau für ausführende Bauunternehmen anzubieten.
Das Unternehmen ist auf heute 70 Mitarbeiter an zwei Standorten angewachsen. Wie kam es zu dieser Erfolgsgeschichte?
Zu Beginn unserer Tätigkeit haben wir von der deutschen Wiedervereinigung und der Modernisierung des ostdeutschen Bahnstreckennetzes profitiert. Unser erster Auftrag war 1994 ein Bauprojekt an einer Bahnstrecke bei Bitterfeld. Das Ingenieurbüro ist durch das Projekt in Sachsen-Anhalt auf 20 Mitarbeiter angewachsen, unseren Standort in Leipzig gibt es immer noch. Zusätzlich waren wir für Baufirmen im Straßenbau und im Ingenieurbau tätig und schlossen dann 2010 unseren ersten Rahmenvertrag mit der Deutschen Bundesbahn, der 2013 auslief. Aber es gab zwischenzeitlich auch Zeiten, in denen es nicht so gut lief, weil wenig in die deutsche Bahninfrastruktur investiert wurde. Wir haben uns deshalb entschlossen einen Auslandsauftrag von der Firma Eiffage für die französische Eisenbahngesellschaft SNCF, eine neue Hochgeschwindigkeitsstrecke für den TGV über ca. 200 km von Le Mans nach Rennes zu vermessen. Hier war höchste Präzision gefragt, über die gesamte Strecke musste eine Toleranz von maximal 2,1 mm eingehalten werden. Den Auftrag haben wir über zwei Jahre mit 25 Mitarbeitern erfolgreich abgeschlossen. Wieder auf dem deutschen Markt zurück, haben wir 2017 eine Ausschreibung für einen Rahmenvertrag mit der Deutschen Bahn gewonnen. Seitdem verzeichnet das Ingenieurbüro ein stetiges Wachstum.
SITECH Deutschland hatte 2019 die Geschäftsanteile der IBH Ingenieurbüro Herzbruch GmbH übernommen. Warum haben Sie sich nach 25 Jahren entschlossen, die Eigenständigkeit aufzugeben?
Da kamen mehrere Dinge zusammen. Wir wollten weiterwachsen und Wachstum, zum Beispiel durch die Ausweitung unseres Dienstleistungsportfolios, kostet einfach Geld. Neue Mitarbeiter müssen ausgebildet werden, bevor sie zum Ergebnis beitragen können, Investitionen in neue Ausrüstung und Software sowie Weiterbildungen müssen bezahlt werden. Frank Dahlhoff, damaliger Geschäftsführer der SITECH suchte gleichzeitig ein Büro, das aus Bauplänen digitale Geländemodelle für Maschinensteuerungssysteme erstellen kann, um Maschinensteuerungen und die Erstellung von 3D-Geländemodellen aus einer Hand anbieten zu können. Frank kenne ich schon seit über 30 Jahren. Als er noch für eine der Vorgängerfirmen von SITECH arbeitete, hatte er uns persönlich unseren ersten Tachymeter ausgeliefert. Auf einer Messe hatte er mich dann 2018 angesprochen, ob ich mir den Verkauf des Ingenieurbüros an SITECH vorstellen kann. Da ich ohnehin über eine Nachfolgeregelung nachgedacht hatte und meine Mitarbeiter in guten Händen wissen wollte, passte das gut zusammen. Wir und SITECH konnten das Leistungsportfolio erweitern und gleichzeitig unterstützt der Zeppelin Konzern unsere Wachstumsstrategie.
Apropos Wachstum, welche Rolle spielt für das Ingenieurbüro die Entwicklung des Bahnnetzes, die ja stark von politischen Entscheidungen beeinflusst ist.
Die Politik hat einen starken Einfluss auf die Investitionen in das Bahnnetz und beeinflusst damit natürlich auch unser Geschäft. Nach dem das Bahnschienennetz viele Jahre vernachlässigt wurde hat Verkehrsminister Wissing in Anbetracht der häufigen Verspätungen jetzt bestätigt, dass die Bahn ein Sanierungsfall ist. Mit der Steigerung der Investitionen in die Bahninfrastruktur geht auch ein Wechsel der Sanierungsstrategie einher. Es wird nicht mehr unter dem rollenden Rad saniert. Jetzt werden ganze Streckenabschnitte wie der Hochleistungskorridor der Riedbahn ein halbes Jahr komplett gesperrt, um schneller und günstiger zu modernisieren. Die IBH profitiert davon konkret im Bereich Süd. In kürzester Zeit werden hier über 100 km Bahn modernisiert. Da sind wir nicht, wie sonst, mit nur einem Vermessungstrupp, sondern direkt mit vier oder fünf Trupps gleichzeitig unterwegs.
Wie beurteilen Sie die technologische Entwicklung auf dem Bahnstreckenbau und im Vermessungswesen und wie beeinflussen neue Technologien Ihre Arbeit?
Mit neuen Technologien zu arbeiten, ist sicherlich ein Teil unserer Erfolgsgeschichte. Wir sind da sehr aufmerksam und sobald es neue Entwicklungen gibt, schauen wir uns die Technik an, testen sie und integrieren sie in unsere Arbeit, wenn sie uns technische oder wirtschaftliche Vorteile verspricht. Aktuell stehen wir in der Vermessung von Bahnstrecken vor einer Revolution. Mit sogenannten Multisensorsystemen, die vorn auf einer Lok montiert werden, können ca. 300 km Bahnstrecke mit 80 km/h an einem Tag mit Kameras und Scannern aufgenommen werden. Konventionell benötigt ein Messtrupp mit mehreren Mitarbeitern für dasselbe Ergebnis mehrere Monate. Das klingt zunächst bedrohlich, weil ja keine Mitarbeiter mehr auf der Bahnstecke vermessen. Als Ergebnis der Multisensortechnik aber werden riesige Mengen an Bestandsdaten erfasst und unsere Arbeit verlagert sich von der Vermessung im Gleis in das Büro für die Auswertung und Neuplanung.
Welche Rolle spielen neue Planungsmodelle wie BIM in der täglichen Arbeit?
Die Erstellung eines digitalen Zwillings für die Auftragsvergabe im öffentlichen Bau ist seit 2023 nicht nur vorgeschrieben, BIM (Building Information Modelling, d. Red.) bietet auch große Vorteile. Anhand des digitalen Modells können komplette Bahnstrecken bis zum letzten Fahrkartenautomaten abgebildet werden. Das hat Vorteile, weil Bahninfrastruktur häufig sehr komplex ist und viele unterschiedliche Auftragnehmer beteiligt sind. Fehlplanungen oder Probleme werden viel früher erkannt und können vor dem Baubeginn korrigiert oder berücksichtigt werden. Wir beschäftigen eigens vier BIM-Bearbeiter, um die Chancen von BIM zu nutzen, denn die Entwicklung wird noch weiter voranschreiten. Als nächstes geht es konkret um die Bauausführung nach BIM oder, um mithilfe von Augmented Reality direkt in die Planung einzugreifen. Letzteres ist sicherlich noch etwas Zukunftsmusik.
Welche Herausforderungen sehen Sie für das Ingenieurbüro in der Zukunft zukommen?
Ganz konkret zum Beispiel die Verarbeitung der riesigen Datenmengen durch die beschriebene Multisensortechnik. Da entstehen 10 TB Daten für eine Strecke von 500 km. Das Datenhandling erfordert leistungsfähigere Rechner, neue Software und natürlich die Fortbildung der Mitarbeiter. Dann möchten wir enger mit SITECH zusammenwachsen und deren Kunden mit unserem Know-how in ihren Projekten unterstützen. Mittelfristig sehen wir uns in unserem Wachstumskurs mit dem Zeppelin-Konzern im Hintergrund sowohl für das organische Wachstum als durch Zukäufe gut aufgestellt. Die wichtigste Entscheidung für die nahe Zukunft haben wir vor kurzem bereits getroffen. Unser bisheriger technische Leiter Patrick Walke tritt im Januar 2025 meine Nachfolge an und wird die IBH dann als Geschäftsführer zusammen mit Martin Potjans von der SITECH leiten
Herr Herzbruch, wir danken Ihnen für das Interview und wünschen Ihnen auch für die Zeit nach Ihrem Ausscheiden aus der IBH alles Gute.
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